Autor: Dr. Wendelin Kellner
Ungewöhnliche und irreguläre Römermünzen (Teil 1)
Eine ungewöhnliche römische Prägung ist der abgebildete Victoriat (Abb. 1). Er hat auf dem Avers einen ganz wilden Jupiterkopf und darunter ein spiegelverkehrtes N, auf dem Revers ROMA und die eine Trophäe bekränzende Victoria. Wie sehr die Münze aus der Reihe der normalen römischen Prägungen herausfällt, zeigt das daneben gestellte Exemplar ohne Beizeichen (Abb. 2). Die Ordnung des römischen Münzwesens war immer ein Spiegel der Ordnung des römischen Staates. Münzen, die irgendwie aus dem Rahmen des Gewohnten fallen, findet man vor allem in den Randgebieten oder in Krisenzeiten. Wie stabil die römische Ordnung eigentlich war, zeigt die Münzreform um das Jahr 212 vor Christus, also in der Zeit des zweiten Punischen Krieges, als „Hannibal vor den Toren“ stand.
Man hat damals eine neue Art von Münzen geprägt, darunter vor allem den Denar als 10-Asse-Stück mit dem Zeichen X, das den Wert anzeigt und garantiert. Dazu kamen Münzen ohne Wertbezeichnung als Fortsetzung der alten (Di-)Drachmen-Währung: die Victoriaten. Man kann sich das so erklären: Den Wert des Denars konnte man festschreiben, indem man bei Abgaben und Steuern Denare zum Nennwert annahm. Für den Handel mit Nord- und Süditalien brauchte man aber immer noch die dort gebräuchlichen Drachmen. Dafür benützte man die Victoriaten im Gewicht eines 3/4Denars. Sie wurden zu dem Kurs verrechnet, den die Geldwechsler dafür gaben.
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