Autor: Dr. Reinhold Zilch
Als man im Auswärtigen Amt auf 2,3 Milliarden Mark verzichtete
Obwohl die Große deutsche Inflation numismatisch scheinbar schon in allen Facetten ausgeleuchtet wurde, sind dennoch einige ganz elementare Fragen bisher unbeantwortet geblieben. Eine davon ist jene, wie konkret mit der schier unüberschaubaren Masse an kaufkraftlosen Geldscheinen umgegangen wurde. Der in der Regel mit Fotos belegte Hinweis, dass kleine Nominale als Altpapier verkauft und eingestampft wurden (Abb. 1), blendet jenen Prozess aus, wie und unter welchen rechtlichen und buchhalterischen Bedingungen diese Geldscheine aus den Kassen und Tresoren der Firmen, Banken und Behörden ihren Weg in die Papiermühle fanden.
Ein Dokumentenfund in den Akten des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts gibt nun darüber Auskunft. Am 28. Januar 1924 übergab ein Mitarbeiter des sog. Schuldreferats des Auswärtigen Amtes der Abteilung IR, dem Haushaltsreferat, ein Bündel mit Geldscheinen im Betrag von 2.306.398.00 M sowie ein Kuvert mit weiteren 1.962,55 M.1 Das Schuldreferat war keine für Finanzfragen im Außenministerium zuständige Struktureinheit, sondern eine nach der militärischen Niederlage des Kaiserreichs im Ersten Weltkrieg von der jungen Weimarer Republik neu gegründete Abteilung, die die politischen Aktivitäten der Regierung zur Widerlegung der im Artikel 231 des Versailler Vertrages postulierten deutschen Kriegsschuld2 bündeln und die vielfältigen diesbezüglichen Bestrebungen in der politischen Öffentlichkeit koordinieren sollte.3
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