Mirko Hahn, Nürnberg: Ich sehe auf Münzen sowohl aus der Antike als auch aus der Neuzeit merkwürdige, ja fabelhafte Tiere, die es nie gegeben hat. Lohnt es sich, nach ihnen gezielt Ausschau zu halten, ja auch solche Motive zu sammeln?
H. C.: Auf jeden Fall, das Thema ist allumfassend und enthält viele Überraschungen. Mischwesen in menschlicher und tierischer Gestalt hat man schon in grauen Vorzeiten im Vorderen Orient, der klassischen Antike und in anderen Perioden und Kulturen dargestellt und verehrt. Sich mit ihnen zu befassen, ist ein spannendes Thema, für das der Münzhandel viele interessante Angebote bereit hält. Denken Sie an hannoversche und englische Belegstücke mit „Einhörnern“ oder an Venedig mit dem geflügelten Markuslöwen als Symbol. Weil in der Lagunenstadt die Reliquien des Evangelisten Markus aufbewahrt wurden (und werden), entwickelte sie sich zu einem beliebten Pilgerort. Antike Münzen sind mit Mischwesen, den so genannten Chimären, geschmückt, so mit dem Dichterross Pegasus oder dem aus einem Menschen mit Pferdekörper bestehenden Centauren. Wer nach absonderlichen Tierdarstellungen sucht, kann mit doppelköpfigen Adlern und feuerspeienden Drachen beginnen.
Auf Nürnberger Geldstücken sehen wir Adler mit dem Frauenkopf, genannt Jungfrauenadler. Dass Götter- und Heldenfiguren und andere aus der „heidnischen“ Antike stammende Fabel- und Mischwesen auf Münzen und manchmal auch Medaillen erscheinen, scheint in christlichen Zeiten keinen Anstoß erregt zu haben.
Leser fragen – Helmut Caspar antwortet…