Autor: Dr. Wendelin Kellner
Ungewöhnliche und irreguläre Römermünzen (Teil 15)
Aus der Zeit von 275-312 findet man relativ wenige „wilde“ Römermünzen. Dafür gibt es aber viele eigenartige Stücke, oft solche mit Sonderbüsten. Sie geben Einblicke in eine Zeit, von der uns die antiken Schriftsteller wenige und vor allem wenig glaubwürdige Nachrichten überliefert haben. Diese Stücke ergänzen nicht nur das Material der Standardkataloge, auf ihnen kommt auch manches historisch Interessante zu Tage.
Der Tacitus-Denar (beziehungsweise der schwach silberhaltige Abschlag vom Aureus-Stempel) (Abb. 1) den ich, um die lange Reihe der Tetradrachmen aufzulockern, schon in „Die Münzstätte Alexandria“ (Wien 2009) S. 146 Nr. 3 eingeschoben habe, hat auf dem Avers IMP C M CL TACITVS AVG und eine Büste mit Lorbeerkranz, Panzer und Gewand nach rechts. Der Revers P [M T] R P – II – COS P P. Der Kaiser mit erhobener Rechten und Zepter in der Linken steht zwischen zwei Feldzeichen nach links. Nach Sylviane Estiot, L´ Or Romain entre Crise et Restitution 270 – 276, II, Tacite et Florien, Journal des Savants, 7.-12. 199, 404, 2 ist die Münze, die sie als einzigen Beleg für den Typ zitiert, geprägt zwischen 10. 12. 275 und 1. 1. 276. Sie wurde wohl ausgegeben als Geschenk an das Volk (für ein donativum) zur Ankunft des Kaisers in der Stadt Rom (Estiot p. 339). Die zwei Standarten, zwischen denen sich der neue Kaiser hier in Rom vorstellt, sind ein deutlicher Hinweis, dass Tacitus nicht vom Sena…